Gibt es Israelisches Interesse an einer Verhandlungslösung?

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ThorsHamar
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Re: Gibt es Israelisches Interesse an einer Verhandlungslösung?

Beitrag von ThorsHamar »

Liegestuhl hat geschrieben:(11 May 2016, 13:18)

Das beantwortet die Frage nicht. Was ist, wenn sie mit gemeinsamer Stimme des Terroristenführers Barghoutis sprechen würden?
Dann ist Barghouti eben der Vertreter oder Regierungschef des Staates Palästina.
Mit der Akzeptanz von Terroristen als Staatschef sollte nun gerade Israel, mit entsprechend einschlägiger Erfahrungen, keine Probleme haben ...
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ThorsHamar
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Re: Gibt es Israelisches Interesse an einer Verhandlungslösung?

Beitrag von ThorsHamar »

Liegestuhl hat geschrieben:(11 May 2016, 13:27)

Palästinenser begreifen sich also deiner Meinung nach nicht als EINE Nation. Als was dann?
Weiss ich doch nicht .... offensichtlich ist jedenfalls die Separierung einzelner Interessensgruppen wichtiger als der Gedanke an eine gemeinsame Nation.
Da fehlt sowas wie Zionismus, welcher ja auch aus verschiedenen jüdischen Völkern eine politische Nation geformt hat.
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schokoschendrezki
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Re: Gibt es Israelisches Interesse an einer Verhandlungslösung?

Beitrag von schokoschendrezki »

Bleibtreu hat geschrieben:(11 May 2016, 12:07)
Den Kerl hatten wir hier schon öfters - Bei Gandhi klappen mir die FußNägel hoch! :dead:
Dass Legendenbildungen den Kern realer historischer Persönlichkeiten überwuchern und entstellen, ist gerade bei solchen als Friedensaposteln gefeierten Personen keine Seltenheit. Neben Gandhi auch Albert Schweitzer oder der 14. Dalai Lama. Man darf natürlich nicht als Reaktion darauf in eine unangemessene "Entklärung" verfallen. Ich sag das, weil ich selbst ein wenig dazu neige ...
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Bleibtreu
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Re: Gibt es Israelisches Interesse an einer Verhandlungslösung?

Beitrag von Bleibtreu »

schokoschendrezki hat geschrieben:(11 May 2016, 13:50)

Dass Legendenbildungen den Kern realer historischer Persönlichkeiten überwuchern und entstellen, ist gerade bei solchen als Friedensaposteln gefeierten Personen keine Seltenheit. Neben Gandhi auch Albert Schweitzer oder der 14. Dalai Lama. Man darf natürlich nicht als Reaktion darauf in eine unangemessene "Entklärung" verfallen. Ich sag das, weil ich selbst ein wenig dazu neige ...
Mir geht es um eine realistische Betrachtung der Person Gandhi. Ich finde ihn und seine Einstellungen, seinen MissGriff als GallionsFigur, schlicht zum Kotzen. :|
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Re: Gibt es Israelisches Interesse an einer Verhandlungslösung?

Beitrag von Bleibtreu »

ThorsHamar hat geschrieben:(11 May 2016, 13:38)

Weiss ich doch nicht .... offensichtlich ist jedenfalls die Separierung einzelner Interessensgruppen wichtiger als der Gedanke an eine gemeinsame Nation.
Da fehlt sowas wie Zionismus, welcher ja auch aus verschiedenen jüdischen Völkern eine politische Nation geformt hat.
Und bevor die palästinensische Seite dieses Problem der Zerrissenheit, wie auch das des Terrorismus, nicht gelöst hat, sind sinnvolle Verhandlung zum Scheitern verurteilt.

Edit - Es gibt auch keine verschiedenen jüdischen Völker, sondern nur EIN jüdisches Volk. :dead:
Zuletzt geändert von Bleibtreu am Mi 11. Mai 2016, 14:07, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Gibt es Israelisches Interesse an einer Verhandlungslösung?

Beitrag von Liegestuhl »

ThorsHamar hat geschrieben:(11 May 2016, 13:34)
Dann ist Barghouti eben der Vertreter oder Regierungschef des Staates Palästina.
Mit der Akzeptanz von Terroristen als Staatschef sollte nun gerade Israel, mit entsprechend einschlägiger Erfahrungen, keine Probleme haben ...
Du verstehst es nicht, oder? Ich will wissen, wie es mit deiner Akzeptanz ist. Gegen einen israelischen Ministerpräsident, der früher mal Terrorist war, wetterst du ab, während du mit einen palästinensischen Ministerpräsidenten mit terroristischer Vergangenheit offensichtlich weniger Probleme hättest.
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Re: Gibt es Israelisches Interesse an einer Verhandlungslösung?

Beitrag von Liegestuhl »

Bleibtreu hat geschrieben:(11 May 2016, 14:02)

Und bevor die palästinensische Seite dieses Problem der Zerrissenheit, wie auch das des Terrorismus, nicht gelöst hat, sind sinnvolle Verhandlung zum Scheitern verurteilt.
Und so lange ist es auch keinem israelischen Politiker zuzumuten, den Palästinensern in ihren eigenen Angelegenheiten entgegenzukommen.
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Re: Gibt es Israelisches Interesse an einer Verhandlungslösung?

Beitrag von ThorsHamar »

Bleibtreu hat geschrieben:(11 May 2016, 14:02)

Und bevor die palästinensische Seite dieses Problem der Zerrissenheit, wie auch das des Terrorismus, nicht gelöst hat, sind sinnvolle Verhandlung zum Scheitern verurteilt.
Ja, das sehe ich ebenso.
Trotzdem könnte Israel, bei Interesse an einer Verhandlungslösung, mal die Kräfte Palästinas unterstützen oder wenigstens nicht schwächen und diskreditieren, welche hier auf dem notwendigen Weg sind.
Stattdessen wird lediglich die Hamas in den Fokus gezerrt ...
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Re: Gibt es Israelisches Interesse an einer Verhandlungslösung?

Beitrag von Liegestuhl »

ThorsHamar hat geschrieben:(11 May 2016, 14:09)
Trotzdem könnte Israel, bei Interesse an einer Verhandlungslösung, mal die Kräfte Palästinas unterstützen oder wenigstens nicht schwächen und diskreditieren, welche hier auf dem notwendigen Weg sind.
Welche Kräfte sind auf dem notwendigen Weg? Der religiöse Extremist Abbas, der das Blut willkommen heißt, das für Jerusalem vergossen wird?
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Re: Gibt es Israelisches Interesse an einer Verhandlungslösung?

Beitrag von Bleibtreu »

ThorsHamar hat geschrieben:(11 May 2016, 14:09)

Ja, das sehe ich ebenso.
Trotzdem könnte Israel, bei Interesse an einer Verhandlungslösung, mal die Kräfte Palästinas unterstützen oder wenigstens nicht schwächen und diskreditieren, welche hier auf dem notwendigen Weg sind.
Stattdessen wird lediglich die Hamas in den Fokus gezerrt ...
Welche Kräft sollen das sein und welchen Wiederhall finden sie im palästinensischen Volk?
Btw. Immer, wenn wir uns Mühe gaben wen zu unterstützen oder entgegen kamen, führte das nur zu einem: Er wurde zum Verräter gebrandmarkt und war damit politisch erledigt.
Nein, daran tragen wir keine Schuld. Auch die palästinensische Seite muss endlich Eigenverantwortung lernen, erwachsen werden und für den Scheiß, den sie ständig verzapfen, einstehen.
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Re: Gibt es Israelisches Interesse an einer Verhandlungslösung?

Beitrag von Bobo »

ThorsHamar hat geschrieben:(11 May 2016, 14:09)

Ja, das sehe ich ebenso.
Trotzdem könnte Israel, bei Interesse an einer Verhandlungslösung, mal die Kräfte Palästinas unterstützen oder wenigstens nicht schwächen und diskreditieren, welche hier auf dem notwendigen Weg sind.
Stattdessen wird lediglich die Hamas in den Fokus gezerrt ...

Welche palästinensischen "Kräfte" sind in welcher Form auf dem notwendigen Weg zu was?
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Re: Gibt es Israelisches Interesse an einer Verhandlungslösung?

Beitrag von ThorsHamar »

Liegestuhl hat geschrieben:(11 May 2016, 14:05)

Du verstehst es nicht, oder? Ich will wissen, wie es mit deiner Akzeptanz ist. Gegen einen israelischen Ministerpräsident, der früher mal Terrorist war, wetterst du ab, während du mit einen palästinensischen Ministerpräsidenten mit terroristischer Vergangenheit offensichtlich weniger Probleme hättest.
Ich habe mit beiden Problemen, Du offenbar nicht ....
Was die Leute wählen und verehren, ob Juden oder Araber, ist deren Sache. Für mich ergibt sich daraus eine persönliche Einschätzung.
Und die ist: Wer Terroristen als Präsidenten wählt, bekommt von mir kein Vertrauen.
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Re: Gibt es Israelisches Interesse an einer Verhandlungslösung?

Beitrag von Liegestuhl »

ThorsHamar hat geschrieben:(11 May 2016, 17:02)
Was die Leute wählen und verehren, ob Juden oder Araber, ist deren Sache. Für mich ergibt sich daraus eine persönliche Einschätzung.
Und die ist: Wer Terroristen als Präsidenten wählt, bekommt von mir kein Vertrauen.
Da Benny in diesem Thread einen Terroristen und Mörder als nächsten Palästinenserführer vorschlug, misstraust du ihm jetzt also.

Richtig?

Nachdem du Nelson Mandela zum Terroristen erklärt hast, um ihn mit Barghouti auf eine Stufe zu stellen, sah es zunächst so aus, als würdest du ihm zur Seite springen. Wie man sich doch täuschen kann.
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Re: Gibt es Israelisches Interesse an einer Verhandlungslösung?

Beitrag von Bobo »

Vielleicht sollte die Welt endlich akzeptieren, dass es keine zwei Staaten geben kann. Nicht, wenn man Akteuren der Politiker glauben kann. Die Worte konvergieren mit dem Gesamtgebaren der letzten Jahrzehnte:

"Bis zum Mittelmeer werde „Palästina“ einst reichen, meint die Fatah
Foto: Sapir Bucharim, Wikipedia | CC-BY 2.5


Fatah: Zwei Staaten nur als Übergang

RAMALLAH (inn) – Ein Staat Palästina neben Israel wäre nur ein vorläufiger Zustand, sagt Fatah-Vertreter Tawfik Tirawi. Ziel sei ein Palästina vom Jordan bis zum Mittelmeer.

Die Errichtung eines Palästinenserstaates in den „Grenzen von 1967“ stellt nur einen „ersten Schritt“ dar; sie kann aber keine Lösung sein. Das hat der Fatah-Politiker Tawfik Tirawi in einem Interview der palästinensischen Nachrichtenagentur „Ma‘an“ erklärt. Letztlich gehe es darum, ein Palästina „vom Fluss bis zum Meer“ zu errichten, mit dem gesamten Jerusalem als Hauptstadt.

Tirawi ist seit 2009 Mitglied im Zentralausschuss der Fatah. Im Interview führte er seine Vorstellungen weiter aus: „Das bedeutet nicht, dass ich die Juden ins Meer werfen möchte. Nein, ich möchte mit ihnen zusammenleben. (...) Wir wollen, dass die Menschen, die in Palästina sind, im Palästina in seinen historischen Grenzen leben." (...)".

Wer möchte. Der ganze Artikel:

http://www.israelnetz.com/nachrichten/d ... ang-94749/

Damit dürfte sich die Ausgangsfrage zum Thread erledigt haben.
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Hyde
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Re: Gibt es Israelisches Interesse an einer Verhandlungslösung?

Beitrag von Hyde »

Bleibtreu hat geschrieben:(11 May 2016, 12:07)

Den Kerl hatten wir hier schon öfters - Bei Gandhi klappen mir die FußNägel hoch! :dead:


[url=http://politik-forum.eu/viewtopic.php?p ... 0#p2887130]Gandhi war mitnichten der Menschenfreund + Saubermann, als der er verkauft wird. LegendenBildungen haben oft wenig mit der Realität gemein. Er war ein Rassist und ein Anhänger des Kastensystems:
Ich finde es ungerecht, Ghandi so zu kritisieren. Ghandi war sehr fortschrittlich, wenn man den soziokulturellen Kontext bedenkt, in dem er groß wurde.

Natürlich ist Ghandi nach heutigen Maßstäben ein Rassist, aber das ist dann nahezu jede historische Person.

Auch wir, du und ich, werden in Zukunft dann nur unmenschliche Barbaren sein, denn in 200 Jahren werden Menschen über uns sagen, wie wir denn bloß so barbarisch und herzlos und diskriminierend sein konnten, dass wir Tiere getötet haben, uns von anderen Lebewesen ernährt haben. Und kluge Köpfe werden dann sagen, dass man uns das eigentlich gar nicht so sehr vorwerfen kann, da man uns im Kontext unserer Zeit sehen muss und es bei uns schlicht noch kein wirkliches Unrechtsbewusstsein dafür gab, andere Lebewesen zu töten, es kein Bewusstsein dafür gab, dass wir alle (ob Mensch oder Tier) bloß Lebewesen sind - so wie es in Ghandis Zeit kein Unrechtsbewusstsein dafür gab, dass gewisse Menschen weniger Wert waren aufgrund von Kaste/Hautfarbe und dass wir alle bloß Menschen sind.

Es bleibt dabei, dass Ghandi seiner Zeit voraus war und dass er die Welt zu einem besseren, humaneren Ort gemacht hat. Das bleibt sein Verdienst.

Nach heutigen Maßstäben ist er rückständig und engstirnig, so wie auch wir aus der Zukunft betrachtet rückständig und engstirnig sein werden. Selbst diejenigen unter uns, die heutige als progressiv gelten.
bennyh

Re: Gibt es Israelisches Interesse an einer Verhandlungslösung?

Beitrag von bennyh »

Bleibtreu hat geschrieben:(11 May 2016, 12:07)

Den Kerl hatten wir hier schon öfters - Bei Gandhi klappen mir die FußNägel hoch! :dead:


Gandhi war mitnichten der Menschenfreund + Saubermann, als der er verkauft wird. LegendenBildungen haben oft wenig mit der Realität gemein. Er war ein Rassist und ein Anhänger des Kastensystems:

" [...] Roy: Gandhi war nicht über die Rassentrennung an sich empört. Die wirkliche Geschichte ist, dass er deshalb in diesem Abteil für Weiße saß, weil er glaubte, wohlhabende Inder aus den höheren Kasten sollten nicht mit "Kaffern", wie er die Schwarzen nannte, im selben Abteil reisen. Sich das klarzumachen war ein bisschen schockierend. In meinem Text habe ich mich darauf beschränkt, Gandhis eigene Schriften aus der Zeit von 1893 bis 1946 zu zitieren. Er schrieb mit einem schockierenden Ausmaß von Verachtung über schwarze Afrikaner, indische Leibeigene, Unberührbare, Arbeiter und Frauen. Die längste Zeit seiner 20 Jahre in Südafrika hat er damit verbracht, um die Freundschaft des weißen Regimes zu werben, bis hin zur Erklärung, er wünsche sich eine "imperiale Brüderschaft" mit den Briten. [...]

Man kann nicht einmal sagen, dass er eben "ein Mann seiner Zeit" gewesen sei, denn unter seinen Zeitgenossen, sowohl in Indien als auch anderswo auf der Welt, gab es Leute wie Ambedkar oder Jyotiba Phule, die viel fortschrittlicher waren. Gandhi ist ohnehin niemand, zu dem ich mich automatisch hingezogen gefühlt habe; ich habe keine besondere Liebe zu Frömmigkeit und Reinheit – Dingen, von denen er besessen war. Es fällt sogar schwer, ihn als gutartigen Spinner abzutun. Es ist da etwas viel Bösartigeres am Werk. Es geht nicht bloß um gewaltfreien Widerstand, Ejakulationsverzicht, Ziegenmilch und selbst gesponnene Baumwolle.

Er hat die politische und soziale Kastenproblematik auf das symbolische, totemhafte Thema Unberührbarkeit reduziert. Die Kastenfrage ist in erster Linie eine Frage von Rechten – auf Land, Bildung, öffentliche Dienstleistungen. Unberührbarkeit ist eines von mehreren gewaltsamen Mitteln, mit denen Dalits terrorisiert werden; man wäscht ihnen das Gehirn, damit sie bleiben, was sie sind: ein Reservoir an billigen Arbeitskräften, die ein System nicht herauszufordern wagen, das angeblich von den Göttern gewollt ist. Gandhi hat darauf bestanden, alle Kasten sollten bei ihrer erblichen Arbeit bleiben, aber keine Kaste solle für nobler gelten als eine andere – damit wollte er die Menschen dazu bringen, sich über ihre Erniedrigung sogar noch zu freuen.

Gandhis Doktrin der Gewaltlosigkeit ruht auf einem Fundament von dauernder, brutaler, extremer Gewalt – denn das ist das Kastensystem. Es kann ohne die Androhung und Anwendung von Gewalt nicht aufrechterhalten werden. Selbst heute noch laufen Dalits, die den Status quo infrage zu stellen wagen, Gefahr, einem regelrechten Ritualmord zum Opfer zu fallen. Es gab Massenproteste gegen die grauenhafte Gruppenvergewaltigung und Ermordung einer jungen Frau in einem Bus in Delhi im Dezember 2012. Im selben Jahr wurden 1500 Dalit-Frauen von Männern aus höheren Kasten vergewaltigt, und 650 Dalits wurden ermordet. Das gelangt kaum in die Nachrichten." :dead:
Ghandi hatte - wie jeder Mensch - seine Fehler und agierte im Rahmen einer Kultur, die nach heutigen Maßstäben rückständig und fehlerbehaftet ist. Was zählt ist sein Beitrag, der auf fortschrittlichen Ideen basiert. Auch ein imperfekter Mensch kann durch gute Ideen positive Spuren im Verlauf der Geschichte hinterlassen. Dazu gibt es genügend Beispiele, siehe ua Abe Lincoln, Winston Churchill, Nelson Mandela oä. Was zählt, sind die Ideen. So zu tun, als müsse eine Person frei von sämtlichen Fehlern sein, um positives bewirken zu kõnnen, fällt unter die Kategorie Nirvana Fallacy.
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